Was bedeutete der Beschluss der Begutachtung meines Geisteszustandes für mich?

Die Richter des LG Göttingen hatten mich noch nie gesehen oder gesprochen, als sie meiner Anwältin ihre Absicht mitteilten, meinen Geisteszustand psychiatrisch begutachten zu lassen. Ihr gesamtes Vorgehen und ihre Begründung des Beweisbeschlusses zeigten für mich unmissverständlich, dass meine psychiatrische Begutachtung durch einen von ihnen ausgewählten Sachverständigen sachfremden Zwecken diente und ihre angeblichen Zweifel an meiner Prozessfähigkeit nur vorgeschoben waren.

Beispiel: Meine Anwältin hatte die Stellungnahme des Psychotherapeuten Prof. Dr. Friedrich (geschrieben zur Vorlage bei meiner Berufsunfähigkeitsversicherung) vorgelegt, der im Jahr 2004 eine Krisenbegleitung bei mir gemacht hatte. Diese war im Zustand andauernder extremer Zahnschmerzen notwendig geworden. Dieser schreibt:

„In der Exploration sowie auch in den psychotherapeutischen Behandlungsstunden in der Zeit von April 2004 bis heute hat sich keinerlei Hinweis ergeben, dass die geschilderten Zahnerkrankungen und die damit verbundenen Schmerzen auf psychische oder psychosoziale Störungen und Konflikte auf einem biografischen Hintergrund im Sinne einer neurotischen oder psychosomatischen Bedingungskonstellation zurückzuführen sind. Die bestehende Lebens- und Berufssituation von Frau Hase ergab und ergibt keinerlei Hinweise auf eine ursächliche Entstehung der beschriebenen Erkrankungen und Schmerzzustände.“

Die zuständigen Richter folgerten aus dieser Stellungnahme im Beweisbeschluss meiner psychiatrischen Begutachtung:

„Die Kammer sieht aufgrund der psychotherapeutischen Stellungnahme von Prof. Dr. Friedrich vom 06.Dezember 2006 konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer psychosomatischen Erkrankung […]“

Die Richter teilen nicht mit, welche konkreten Anhaltspunkte für das Bestehen einer psychosomatischen Erkrankung sie der psychotherapeutischen Stellungnahme entnehmen. Sie teilen auch nicht mit, wie Anhaltspunkte für das Bestehen einer psychosomatischen Erkrankung in den Jahren 2004 – 2006 Zweifel an der Geschäfts- und Prozessfähigkeit einer Partei im Jahr 2009 zu begründen vermögen. (Weitere Informationen hierzu in der Stellungnahme von Prof. Schwab)

Für mich brach eine Welt zusammen. Ich war eine sozial integrierte, beruflich erfolgreiche Frau. Ich konnte nicht glauben, was ich erlebte. Niemals hätte ich für möglich gehalten, von Richtern in meiner Heimatstadt aus heiterem Himmel zur psychiatrischen Begutachtung meines Geisteszustandes verpflichtet und mit dem Entzug der Geschäfts- und Prozessfähigkeit bedroht zu werden. Es schockierte mich zu erleben, wie offensichtlich und scheinbar unbekümmert Richter im heutigen Deutschland gegen Recht und Gesetz verstießen und die Werte des Grundgesetzes mit Füßen traten. Es ekelte mich zu lesen, wie schamlos sie zur Vertuschung ihres Machtmissbrauchs die Tatsachen verdrehten und klare Aussagen manipulierend umdeuteten.